Anwortschreiben auf eine Mail von Herrn Poggenburg

Ihr Schreiben vom 23.03.2017 (LINK zur Mail)

Sehr geehrter Herr Poggenburg, 

meine Fraktion begrüßt, dass die Bundesregierung die absurden „Nazi“-Vorwürfe von türkischen Regierungspolitikern gegen die Bundesrepublik Deutschland klar zurückgewiesen hat. Wir teilen auch die Auffassung, dass diese Vorwürfe eine Verharmlosung der Verbrechen des Nationalsozi-alismus und eine Verhöhnung seiner Opfer darstellen. 

Die Feststellung, dass die vom deutschen NS-Regime begangenen Menschheitsverbrechen his-torisch einzigartig sind, bedeutet jedoch nicht, dass solche Verbrechen sich nicht wiederholen können, sondern dass sie sich nicht wiederholen dürfen. Deshalb ist die Erinnerungskultur so wichtig. Wir weisen deshalb die Diffamierung bisheriger Erinnerungskultur durch Ihren Frakti-onsvorsitzendenkollegen Björn Höcke ebenso zurück, wie Ihre durchsichtige Verteidigung des Herrn Höcke. 

Erinnerung ist keine museale Aufgabe, sondern Teil der gelebten Grundwerte unserer Demokra-tie. Sie ist fester und sich immer wieder erneuernder Bestandteil des grünen Grundverständnis-ses. Wir wenden uns offen und aktiv gegen alle Bestrebungen, die das Grauen der NS-Diktatur relativieren. Und noch entschiedener werden wir uns immer und immer wieder gegen alle Akti-vitäten wenden, die NS-Zeit zu reaktivieren. 

Dieser Aufgabe sehen wir uns auch in den Parlamenten verpflichtet. Die Zerstörung der parla-mentarischen Demokratie von innen heraus gehörte zur Strategie der NSDAP. Instrumente die-ser Machtergreifung waren die Herabwürdigung und das Lahmlegen der parlamentarischen In-stitutionen ebenso wie der menschenverachtende Umgang mit dem politischen Gegner. 

Wenn wir Warnsignale erkennen, die an dieses Vorgehen erinnern, werden wir sie auch künftig im Landtag von Sachsen-Anhalt thematisieren und in ebendiesen historischen Kontext stellen. Das gilt für provokative Auftritte wie den Auszug Ihrer Fraktion nach der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten ebenso wie für gezielte verbale Ausfälle, etwa Ihre menschenverachtenden und in der Sprache des Nationalsozialismus gehaltenen Äußerungen über die Studieren-den, die gegen eine AfD-Veranstaltung in der Otto-von-Guericke-Universität protestierten. 

Die Demokratie ist in Deutschland bereits einmal mit parlamentarischen Mitteln abgeschafft worden, einer Wiederholung werden wir immer entgegenwirken. 

Völkischer Rassismus, gekleidet in Tabubrüchen, Provokationen oder Verharmlosungen des Na-tionalsozialismus trifft auf unseren Widerstand. 

Mit demokratischen Grüßen 

Cornelia Lüddemann 

Vorsitzende 
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Landtag von Sachsen-Anhalt 

 Hier befindet sich das Antwortschreiben als PDF von mir auf Herrn Poggenburgs Mail vom 23.03.2017 (siehe unten).

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Von: André Poggenburg
Gesendet: Donnerstag, 23. März 2017 10:24:26 (UTC+01:00) Amsterdam, Berlin,
Bern, Rom, Stockholm, Wien
An: Knoechel, Swen; Pähle, Katja; Lüddemann, Cornelia
Betreff: „NS-Vergleiche – immer absurd und deplatziert“

Sehr geehrter Herr Fraktionsvorsitzender Knöchel,

Sehr geehrte Frau Fraktionsvorsitzende Dr. Phäle,

Sehr geehrte Frau Fraktionsvorsitzende Lüddemann,

„[.] NS-Vergleiche (sind) immer absurd und deplatziert, denn sie führen nur
zu einem, nämlich dazu, die Menschheitsverbrechen des Nationalsozialismus zu
verharmlosen. Das disqualifiziert sich von selbst.“. Dies äußerte
Regierungssprecher Steffen Seibert im Rahmen einer Bundespressekonferenz vom
06. März 2017. Einen entsprechenden Videoausschnitt sende ich als Anlage zu
dieser E-Mail.

Seit Gründung der BRD spielt der sogenannte „Nazi-Vergleich“ eine traurige
Rolle im politischen Diskurs Deutschlands. Sei es als Diffamierungsmittel
der politischen Rechten gegen den „real-existierenden Sozialismus“ der DDR
oder in Form linker Empörung gegen die Bundesrepublik in den 1960er-Jahren.
Vergleiche von Ereignissen, Personen oder Institutionen mit denen der Zeit
des Nationalsozialismus finden sich jedoch nicht nur national, sondern auch
international, wie beispielsweise die Entgleisungen der türkischen Regierung
gegenüber Deutschland und den Niederlanden aufgrund abgesagter
Wahlkampfveranstaltungen zeigen.

Die Alternative für Deutschland tritt ein für Demokratie, Gewaltenteilung
und Rechtstaatlichkeit, soziale Marktwirtschaft, Subsidiarität,
Föderalismus, Familie und die gelebte Tradition der deutschen Kultur. Wir
setzen uns mit ganzer Kraft dafür ein, unser Land im Geist von Freiheit und
Demokratie grundlegend zu erneuern und eben diesen Prinzipien wieder Geltung
zu verschaffen. Vor diesem Hintergrund begrüßen wir die o.g. Stellungnahme
der Bundesregierung außerordentlich. Gerade unsere AfD steht für eine echte
demokratische Politik in Deutschland und für ein Europa der Vaterländer,
wodurch sich jeder Vergleich mit dem Nationalsozialismus verbietet.

Die nationalsozialistische Vergangenheit Deutschlands scheint heute mehr
denn je als Schreckbild in der Gegenwart etabliert zu sein, als wäre sie ein
Richtschwert, welches über den heutigen politischen Akteuren aufgehängt
schwebt. Die Folge von Vergleichen mit dem Nationalsozialismus, ist jedoch
nicht die ungewollte oder beabsichtige Stigmatisierung des politischen
Gegners, sondern eben immer eine Verharmlosung der Verbrechen des
nationalsozialistischen Regimes.

Ich ersuche Sie daher höflichst, Ihren zukünftigen Umgang mit Ihrem
politischen Gegner, insbesondere mit meiner Fraktion, hier im Landtag von
Sachsen-Anhalt überlegter zu gestalten und von „Nazi-Vergleichen“ jeder Art
abzusehen. Denn niemand hat das Recht die Opfer der nationalsozialistischen
Verbrechen zum Zwecke der heutigen politischen Auseinandersetzung zu
instrumentalisieren.

Hochachtungsvoll!

André Poggenburg

AfD-Fraktion im LANDTAG SACHSEN-ANHALT

Fraktionsvorsitzender

 

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