MZ-Artikel – Gefestigter Lebensstil oder Ausfallrisiko?

ZUM FRAUENTAG Brunch-Gespräch zur Integration von Frauen.

MZ Dessau-Roßlau // Anhalt Kurier // VON SABINE NINDELT

IMG_2792DESSAU-ROSSLAU/MZ – „Ich gehe heute zum Brunch.“ Ein solcher Satz wäre noch vor zehn Jahren mit einem ungläubigen „Wo willst du hin?“ quittiert worden. Inzwischen hat sich diese genüssliche Vereinigung von Frühstück und Mittag- essen zu einer festen Größe in der kulinarischen Landschaft Deutschlands gemausert. Eine Entwicklung, die sich Landtagsabgeordnete Cornelia Lüddemann auch bei der Integration von Frauen in der Wirtschafts- und Arbeitswelt wünscht.

Und das war auch das Thema, um das es beim „Frauenbrunch“ ging, zu dem die Bündnisgrüne am Sonnabend geladen hatte. In ungezwungener Atmosphäre fand sich eine illustre Runde im Regionalbüro der Grünen zusammen: Von der Hebamme mit 40-jähriger Berufserfahrung über die Heim- und Verwaltungsdirektorin bis hin zur Stadträtin. Und alle samt waren sie gespannt auf den Ehrengast der Veranstaltung.

Trotz übervollem Terminkalender hatte Sachsen-Anhalts Wirtschaftsministerin Birgitta Wolff die Einladung zum Brunch gern angenommen. Das Thema der Gleichstellung von Frauen in der Arbeitswelt liegt ihr sehr am Herzen. Handlungsbedarf in Bezug auf dieses Problem bezeichnete sie als „bitter bitter nötig“, da es in vielen Bereichen immer noch Ungleichheit gäbe. „Solange es Gründe gibt, die nicht in den Frauen selber liegen, die dazu führen, dass Frauen schlechtere Chancen haben als Männer, haben wir immer noch, etwas drastisch ausgedrückt, ein fundamentales Menschenrechtsproblem. Und das darf einfach nicht sein“, so die promovierte Wirtschaftswissenschaftlerin. Dabei sei es ihr besonders wichtig, wirklich zu verstehen, wo die Ursachen für Ungleichheit lägen, anstatt nur „an Symptomen herum zu doktern“.

Als anschauliches Beispiel für die Benachteiligung von Frauen im Alltag der Arbeitswelt schilderte Wolff ein Erlebnis aus ihrer Zeit in einem Ausschuss. Doch die eloquent witzige Art, mit der die Wirtschaftsministerin die Anekdote erzählte, konnte und sollte nicht von dem ernüchternden Fazit ablenken. So gelte bei Männern ja Familie immer noch als Zeichen von Stabilität, Solidarität und gefestigtem Lebensstil. Bei Frauen sei es eher ein Zeichen von Ausfallrisiko, so Wolff.

Doch auch im Verhalten der Frauen selbst könne und müsse sich etwas ändern, um die deutschen Führungsriegen mit mehr weiblichem Einfluss zu bereichern. So sei es bei Ausschreibungen ratsam, weniger am eigenen Bildungsgrad zu zweifeln, sondern einfach den Versuch zu wagen. Schulabsolventinnen rät Wolff, sich das Berufsspektrum der Region einmal genauer anzusehen. So sei hier beispielsweise der Beruf der Chemikantin gesucht. Grund genug sich mit dieser Tätigkeit einmal genauer zu befassen, bevor die Wahl auf die ach so mädchentypische Friseurlehre fällt.

Gleichwohl laufe in Sachsen-Anhalt vieles besser, als in westlichen Bundesländern, konstatierte Wolff. „Dennoch heißt es am Ball bleiben, um diesen Vorsprung zu halten und auszubauen.“

In der anschließenden Gesprächsrunde wurde dann vor allem über Sinn und Unsinn einer Frauen-Quote diskutiert. Dabei einigte sich die Runde darauf, dass eine solche Quote durchaus nützlich sei. Voraussetzung sei allerdings, diese würde vielmehr flexibel als absolut angewandt, wie die Leiterin des IHK-Bildungszentrums Bärbel Schärff anmerkte.

Bei Gemüsespieß und Schnittchen plauderten die Damen noch bis in die frühen Nachmittagsstunden. Gastgeberin Cornelia Lüddemann freute sich über durchweg positive Feedbacks zur Veranstaltung und das Erreichen ihres Ziels „Politik zum Anfassen“ zu bieten.

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