Grüne Sommertour 2012

Bevor die Sommerpause im Landtag vorbei ist und der  parlamentarische Alltag wieder beginnt, begaben sich die Abgebordneten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf eine Tour durch Sachsen-Anhalt.

Drei Teams aus jeweils drei Abgeordneten haben an drei Tagen das Bundesland von Nord nach Süd und Ost nach West bereist.  Wie bereits im letzten Jahr fanden dabei unterschiedlichste Veranstaltungen und Begegnungen mit Bürgern und Bürgerinnen im ganzen Land statt. Dabei informierten die Abgeordneten über unsere parlamentarischen Initiativen und suchten den Austausch mit den Menschen in den Regionen. Der Fraktionsschwerpunkt „100% Erneuerbare Energien“ stand im Mittelpunkt der diesjährigen Sommertour.

Tag 1 – Auf Spuren der Energiewende in Dessau-Roßlau

Bündnisgrüne Landtagsfraktion geht der Energiewende-Frage mit Besuchen in Firmen und bei Podiumsdiskussion im Dessauer Krötenhof nach.

MZ-Artikel 5. September 2012 von THOMAS STEINBERG

DESSAU/MZ – Am Dessauer Muldewehr soll nun doch ein Wasserkraftwerk errichtet werden. Dies erklärte am Dienstagabend Hans Riemay von der Firma „Wasserkraft & Energie“ während einer Veranstaltung der Bündnisgrünen im Krötenhof. Anders als der Landestalsperrenbetrieb gehe er davon aus, dass ein Kraftwerk hier wirtschaftlich zu betreiben sei, denn man könne es zum halben Preis errichten und alle Umweltbelange berücksichtigen. Wer der Investor sei, wollte Riemay nicht offenbaren, über ihn selbst oder eine Firma, für die Riemay tätig ist, weiß das Internet de facto nichts.

Die abendliche Diskussionsrunde in der Gründerzeitvilla war Abschluss einer Sommertour-Etappe der grünen Landtagsfraktion, bei der es in Dessau-Roßlau vor allem um Fragen der Energiewende ging. Die Dessauer Abgeordnete Conny Lüddemann war am Ende des Tages überrascht: „Ich wusste nicht, was in der Stadt alles passiert.“

Etwa hinter den Toren der Roßlauer Rosetta Technik GmbH, wo unter anderem an Schwungrädern geforscht wird. Wer bei Schwungrädern an etwas altmodische Spielzeugautos denkt, irrt. Es geht vielmehr um Speicher, die überschüssige Energiespitzen aufnehmen und kurze Zeit später wieder abgeben können. Die Technik dahinter ist aufwendig, geht es doch darum, das Gewicht der Anlagen zu verringern und gleichzeitig die Leistung nach oben zu schrauben. Für solche Fragen Lösungen zu finden, sei Aufgabe der Physik, meinte Rosetta-Chef Frank Täubner und nicht „Uran zusammenzutragen, um damit Wasser heiß zu machen“.

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Die Energiewende, sie ruft auch Firmen auf den Plan, die nicht auf den einzigen großen Wurf setzen, sondern auf Nischenlösungen. Etwa die Dresdener Gicon, ein Ingenieurbüro, in dem eine Technik entwickelt wurde, aus Grasschnitt Biogas zu erzeugen. Die Welt retten lässt sich damit nicht, aber eventuell ließe sich die Muldaue mittelfristig von Schadstoffen befreien. Besonders problematisch: Das Beta-HCH, ein Abprodukt der Lindanproduktion, das die landwirtschaftliche Nutzung der Muldauen um Dessau weitgehend verhindert. Könnte der Grasschnitt energetisch verwendet werden, würde mit diesem Jahr für Jahr dem Boden Beta-HCH entzogen. Nach ersten Berechnungen könnte ein solches Kraftwerk 250 Kilowatt leisten.

Ob ein solches Chancen hätte in Dessau? Daniel Willeke, Klimaschutzmanager der Stadt, plädierte für vielfältige Ansätze, sonst wäre die Energiewende nicht zu schaffen. Solche anzustoßen bleibt ihm aus heutiger Sicht nur wenig Zeit: Wie bei vielen Kollegen in der gesamten Republik wird seine Stelle aus einem Förderprogramm finanziert, das nach zwei Jahren ausläuft. Es ist dies denn auch die drängendste Forderung der Fachleute an die Politik: Sie solle mehr Kontinuität an den Tag legen, nicht ständig die Richtung ändern, Themen hochziehen und wieder fallen lassen. Und: Sie müsse Konflikte aushalten und managen, die die Energiewende mit sich bringt – als Stichworte seien neue Freileitungen, Biogasanlagen, Windkraftparks oder Pumpspeicherwerke genannt.

 Tag 2 – Harzregion

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Tag 3 – Mansfeld-Südharz und Halle

Im Rahmen der Fraktionssommertour von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN besuchten die Abgeordneten Franziska Latta, Cornelia Lüddemann und Dietmar Weihrich am Mittwoch den Trinkwasserzweckverband Südharz. Im Gespräch mit Ernst Hoffmann (Geschäftsführer), Heike Müller (Leiterin Verwaltungsmanagement) und Marco Steckel (Technischer Leiter) informierten sie sich über den aktuellen Stand in Sachen Uranbelastung im Trinkwasser. Nach Auskunft der Geschäftsleitung wird für Sangerhausen derzeit an einem Variantenvergleich gearbeitet, der neben dem Fernwasseranschluss auch den Bau einer eigenen Trinkwasseraufbereitungsanlage oder die Beimischung von unbelastetem Wasser als Alternative prüft.

Dietmar Weihrich, umweltpolitischer Sprecher der grünen Landtagsfraktion: „Die Lösung der Uranproblematik ist in der Tat eine schwierige technische Aufgabe und nicht die Einzige, die der Zweckverband zu bewältigen hat. Trotzdem halte ich den Anschluss Sangerhausens an die Fernwasserleitung unter den hier gegebenen Voraussetzungen für die letztlich sicherste und auf längere Sicht auch die kostengünstigste Alternative“ stellte der Abgeordnete fest. Letztlich habe der Gesundheitsschutz Vorrang vor anderen Überlegungen. Er forderte daher, den derzeit laufenden Variantenvergleich schnell zu einem Abschluss zu bringen.

Weihrich hob außerdem hervor, dass der Trinkwasserzweckverband an vielen Stellen bereits gehandelt hat: So wird der Ort Winkel bereits mit Fernwasser versorgt, für Emseloh soll dieser Schritt Ende September erfolgen. Außerdem wurden bereits notwendige Voraussetzungen geschaffen, um auch in Allstedt Fernwasser einzuspeisen. Da die Umstellung der hier vorhandenen Netze auf eine andere Wasserqualität aber die Sanierung der teilweise aus den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts stammenden Netze erforderlich mache, sei mit einem Anschluss in Allstedt erst ab 2014 zu rechnen.

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„Das Areal um den Salzigen See ist einzigartig und mit seinem Artenreichtum unbedingt schützenswert“, betont Landtagsabgeordneter Dietmar Weihrich, der auch Vorsitzender des Umweltausschusses ist. Gemeinsam mit seinen Kolleginnen Cornelia Lüddemann und Franziska Latta hat er sich auf eine kleine Wanderung entlang des Nordrands des Gebietes begeben.

Der Salzige See bei Aseleben ist Lebensraum für allerlei seltene Vögel, Insekten und Pflanzen. Damit dies so bleibt, plant die NABU-Stiftung Nationales Naturerbe die Einrichtung eines NABU-Naturparadieses.

Bereits im Juni sind rund 420 ha Land an die Stiftung übergeben worden. Weitere 50 ha, die direkt an das Schutzgebiet angrenzen, müssen zum Verkehrswert erworben werden. Dieser Kauf soll durch Spenden finanziert werden und deshalb macht auch heute die Sommertour der Landtagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hier Station.

Dabei erläutert ihnen Frauke Hennek Genaueres zu Tier und Pflanzenwelt. Die Biologin kümmert sich bei der NABU-Stiftung um Mittelbeschaffung, Spenderbetreuung und Öffentlichkeitsarbeit. Darüber hinaus betreut sie auch verschiedene Naturschutzprojekte. „Noch haben wir nicht alles Geld zum Kauf der Flächen beisammen“ gibt sie zu. „Auch solche kleinen Aktionen sorgen noch einmal für Aufmerksamkeit und damit die eine oder andere dringend benötigte Spende.“

Auf der Peißnitzinsel. Die Abgeordnete tagten hier zum Abschluss ihrer Sommertour – öffentlich. „Unsere drei Teams haben während der drei Tage viele Anregungen bekommen. Wir müssen diese Aufgaben jetzt politisch aufarbeiten – die Menschen zählen auf uns“, beginnt die Fraktionsvorsitzende, Dr. Claudia Dalbert, die Sitzung.

Drei zentrale Punkte nehmen die Abgeordneten mit nach Magdeburg in den Landtag.

  • 1.      Die Politik muss die Menschen mit mehr Informationen über den Energiemarkt versorgen, damit die Strompreislüge der großen Energieversorger offensichtlich wird.
  • 2.      „Sachsen-Anhalt braucht einen Masterplan damit die Energiewende klappt“, fasst Dalbert Punkt zwei zusammen. Wichtig seien dabei Energieszenarien, bei denen eine Komplett-Versorgung mit Erneuerbaren Energien immer einzeln für bestimmte Regionen durchgerechnet wird, so Dalbert.
  • 3.      „Unverzichtbar ist für Sachsen-Anhalt eine Energieagentur, die alle energiepolitischen und energiewirtschaftlichen Themen aufgreift und  als Scharnier zwischen Politik, Wirtschaft, Forschung und Endverbraucher eine Beratungs- und Bündelungsrolle einnimmt“, sagt Dalbert. Im Land gebe es viele lokale Ideen, Unternehmen und Initiativen (Heizkraftwerk „An der Fine“ in Dessau-Roßlau, Gicon-Biogasanlage „Grasschnitt“, Projekt Fernwärmespeicher der Energieversorgung Halle und Photovoltaikprojekte auf kommunalen Gebäuden), deren Potenzial gemeinsam betrachtet werden muss.

Zum Schluss der Fraktionssitzung auf der Peißnitzinsel bilanziert Dalbert: „Die Menschen wissen, wie wichtig die Energiewende ist. Wir haben jetzt viele, neue  Ideen kennengelernt und sind mit vielen Anliegen konfrontiert worden. Nun ist es unsere Aufgabe, das politisch umzusetzen. Das ist eine große Verantwortung, der wir uns gerne stellen.“
Weitere Infos zu allen Aktionen der drei Teams im Rahmen ihrer Sommertour gibt es online unter:
http://gruene-fraktion-sachsen-anhalt.de/sommertour-2012/

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