Spende für Bildungsreise: Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Balkans

Ich möchte mit meiner Spende von 200,-€ jungen Menschen die Gelegenheit bieten, kulturelle Vielfalt zu entdecken und interkulturelle Verständigung zu fördern. Nachfolgend ein Reisebericht der Grünen Jugend Halle, Erfurt und Jena:

Reisebericht Bosnien und Herzegowina 

Einleitung und Ziel der Reise 

Im Mai 2023 sind wir als Mitglieder der Ortsgruppen der Grünen Jugend Leipzig, Halle, Erfurt und Jena nach Bosnien-und-Herzegowina gefahren. Die 10-tägige Fahrt war als Bildungsreise konzipiert, mit dem Ziel, gemeinsam mit unterschiedlichen NGOs, Stiftungen und Gedenkstätten in Kontakt zu treten und in die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Balkans am Beispiele Bosnien und Herzegowina einzutauchen. Dabei wollten wir insbesondere Schlüsse für unsere politische Arbeit ziehen. 

Vorbereitung der Reise 

Die Vorbereitung der Reise begann im Sommer 2022. Eine Gruppe von Organisator*innen aus drei Personen traf sich in einem zweiwöchigen Rhythmus, um die Reise selbst, als auch die thematische Vor- und Nachbereitung zu planen. Dabei konnte die Organisator*innen aus den Organisationserfahrungen einer Bildungsreise nach Auschwitz Birkenau im Mai 2022 profitieren. Aus dem Selbstverständnis der Gruppe, als basisdemokratischer Zusammen-schluss wurden inhaltliche und organisatorische Fragen immer wieder mit dem Kreis der Interessierten und später den Teilnehmenden abgestimmt. Zudem bestand die Möglichkeit, sich als teilnehmende Person aktiv am Planungsprozess zu beteiligen. 

Die inhaltliche Vorbereitung bestand aus zwei Treffen im April und Mai. Beim ersten Treffen fand ein erstes Kennenlernen der Teilnehmenden statt. Es wurde sich über Erwartungen ausgetauscht, der eigene Kenntnisstand reflektiert und der Reiseplan besprochen. Im Anschluss wurde der Film „Quo Vadis, Aida?“ (Jasmila Žbanić, 2020) geschaut und nachbesprochen. Das zweite ganztägige Vorbereitungstreffen wurde von Dušan Hajduk-Veljković geleitet, einem Dozenten an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Es diente dazu, sich mit den historischen Hintergründen des Balkans und des Bosnienkrieges auseinanderzusetzten und das bestehende Wissen zu vertiefen. Die freundliche Bereitwilligkeit des Workshopleiters Dušan die Fragen der Teilnehmenden zu beantworten und seine eigenen Erfahrungen einzubringen, bereicherte den Austausch sehr. 

Die beiden Vorbereitungstreffen und die Nutzung verschiedener Methoden wie offenen Austauschrunden, dem Filmabend, dem interaktiven Workshop mit Rollenspielelementen, Vorträgen und Quellenarbeit sowie der Empfehlung weitergehender Ressourcen hat maßgeblich dazu beigetragen, die Teilnehmenden inhaltlich und emotional auf die Reise vorzubereiten. 

Durchführung der Reise 

Die Bildungsreise nach Bosnien-Herzegowina hat erfolgreich stattgefunden. Um sich während der Reise gegenseitig emotional zu unterstützen, haben wir ein „Buddy-System“ eingeführt. Dabei wurden Zweierteams gelost, die sich bei Bedarf über das Erlebte unterhalten konnten. 

Aus unserer Praxis bei der Grünen Jugend haben wir das Konzept des Awareness Teams auch auf diese Reise übertragen. Ziel ist es, dass ein kleiner Kreis an Teilnehmenden ein besonderes Augenmerk auf die sozialen Interaktionen hat und im Zweifel als Ansprechperson bei jeder Art von Vorfällen reagieren oder eingreifen kann. Glücklicherweise gab es keinen Bedarf, für das Awareness Team aktiv zu werden. 

Unser Reiseplan war trotz geplanter Pausen sehr straff organisiert, mit dem Ziel, in der Zeit vor Ort viele Erfahrungen und Eindrücke sammeln zu können. Als Organisationsteam haben wir den Teilnehmenden offengelassen, an jedem der Programmpunkte teilzunehmen. Bis auf wenige Ausnahmen haben alle Teilnehmenden an allen Programmpunkten teilgenommen. Bei der Organisation einer zukünftigen Reise wäre es ratsam, etwas mehr freie Zeit einzuplanen, um so die Eindrücke besser verarbeiten zu können und den Austausch in Kleingruppen oder der großen Gruppe gezielter initiieren zu können. 

Die ersten Reisetage dienten dazu, Sarajevo und Bosnien und Herzegowina besser kennenzulernen und die Kenntnisse zu vertiefen. Dabei unternahmen wir unter anderem einen Stadtrundgang durch Sarajevo, nahmen an einem Workshop des Forum ZFD mit dem thematischen Schwerpunkt „Erinnerungskultur“ teil und besuchten das Historische Museum von Bosnien und Herzegowina sowie die Galerie 11/07/95 zu Srebrenica. Mit dem gewonnenen Wissen fuhren wir am fünften Reisetag nach Srebrenica, wo wir an einer Führung des Memorial Centers teilnahmen und das Gelände durch die Teilnehmenden selbstständig erkundet wurde. In Srebrenica hat während des Jugoslawienkrieges ein Völkermord an den bosnischen Muslimen stattgefunden. Für viele Teilnehmende war der Besuch der Gedenkstätte und dem Museum eine sehr emotionale Erfahrung, die auch die Tage danach noch viel diskutiert wurde. In den folgenden Tagen beschäftigten wir uns mit dem religiösen Leben in Sarajevo und der Region sowie der Politik von heute. Wir besuchten dafür die Gazi-Husrev-Beg-Moschee, die Kathedrale der serbisch-orthodoxen Kirche sowie die jüdische Gemeinde und erlangten einen Einblick in das vielfältige Leben von Sarajevo. Im Anschluss besuchten wir ein Workshop der Organisation Youth for Peace über interkulturellen Dialog und sprachen mit Judith Brand, der Leiterin der Heinrich-Böll-Stiftung in Sarajevo, über die aktuelle politische Situation in Bosnien und Herzegowina. Abgerundet wurden die Eindrücke mit dem Besuch der Manifesto Galerie, in der wir mit einer der Gründer*innen Adna Muslija sprachen. Sie ermöglichte uns Einblicke in die Perspektiven junger Menschen auf aktuelle Debatten in Land. Am achten Reisetag unternahmen wir einen Ausflug nach Travnik, wo ein Stadtfest in Kooperation mit der Partnerstadt Leipzig stattfand. Durch das sehr kurzgehaltene Programm an diesem Tag konnten wir die letzten Tage nochmal auf uns wirken lassen und Travnik erkunden. Den Abschluss der Reise bildete ein Gespräch mit Nenad Veličković und Melisa Forić über das bosnische Schulsystem. Beide lehren an der Universität Sarajevo. In dem Gespräch wurde die ethnische Trennung des Schulsystems beleuchtet, welches unter dem Begriff „zwei Schulen unter einem Dach“ bekannt ist. Am Abend wurde die Reise mit einer Austauschrunde innerhalb der Reisegruppe abgeschlossen. Das Land gemeinsam einer 20-köpfigen Reisegruppe zu erleben und damit die Möglichkeit zu haben sich mit den Teilnehmenden und auch dem jeweiligen „Buddy“ austauschen zu können, hat die Reise sehr besonders gemacht. 

Nachbereitung der Reise 

In der Feedbackrunde vor der Heimreise, sprachen die Teilnehmenden davon, dass sie die Reise insgesamt als sehr bereichernd empfunden haben. Ebenso waren alle sehr dankbar für die Möglichkeit, viele neue Perspektiven kennenlernen zu dürfen. Die Teilnehmenden waren von der Sichtbarkeit des Krieges in vielen Bereichen des bosnischen Lebens beeindruckt. Die Erfahrung unterstrich die Bedeutung des Friedens und ermutigte sie, sich dafür einzusetzen. Ebenso erkannten sie, dass Stabilität nicht immer positiv zu bewerten ist und hinterfragten, welchen Preis Stabilität hat, da viele Konflikte in der Region noch nicht aufgearbeitet wurden. Die Reise ermöglichte neben dem angeeigneten Wissen über Bosnien-und-Herzegowina und 

den Balkan auch ein emotionales Lernen, das tiefe Eindrücke hinterließ. Die Reise regte die Teilnehmenden zudem an, ihre eigenen Privilegien im Zusammenhang auf Staaten und Nationalitäten zu überprüfen. Der Wunsch vieler Teilnehmenden ist es, sich weiter mit den Themenkomplexen der Reise zu beschäftigen und die Eindrücke und das Wissen der Reise in weiteren Gruppen und Kreisen zu verbreiten. 

Während der Reise hat eine Teilnehmende mit Unterstützung der Gruppe ein virtuelles Reisetagebuch in Form von Instagram Stories geführt. Am Ende von jedem Tag wurde eine Zusammenfassung der Aktivitäten mit persönlichen Eindrücken, sowie Fotos und Videos geteilt. Alle Teilnehmenden konnten zu diesem Reisetagebuch beitragen, beispielsweise durch Einsenden von Fotos oder Zitaten. Das Teilen über Instagram hat es uns erlaubt, für uns als Gruppe eine Sammlung an Eindrücken zu schaffen und diese gleichzeitig auch an unser politisches und soziales Umfeld zu tragen. 

Zur Nachbereitung der Reise haben wir zwei Woche nach der Rückkehr an einem Sonntag-nachmittag die zehn Tage ausgewertet. Die Teilnehmenden konnten sich mit etwas zeitlichem Abstand zu der Reise noch einmal dazu austauschen, wie sie die letzten zwei Wochen in Deutschland bisher empfunden haben, welche Gespräche sie in der Zwischenzeit geführt haben und welche neuen Fragen gegebenenfalls aufgekommen sind. Auch, wenn die Reise sehr unterschiedliche Eindrücke hinterlassen und Fragen aufgeworfen hat – in einem Punkt sind sich alle einig: Das Format einer Bildungsreise eröffnet neben dem inhaltlichen Lernen viele neue Ebenen, die aus der Ferne nicht zu greifen sind. Das Kennenlernen von dort lebenden Menschen, deren Geschichten und das Entdecken der Orte mit eigenen Augen ermöglicht eine sehr viel nähere und intensivere Auseinandersetzung mit den behandelten Themen. Aus dem Grund war die Bildungsreise eine sehr bereichernde Möglichkeit, die sehr komplexe Situation in Bosnien-und-Herzegowina ein wenig mehr zu begreifen. 

Danksagung & Finanzierung 

Die Reise hat vorrangig durch die Unterstützung Bündnisgrüner Mitglieder des Bundestages, der Landtage von Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, des Kreisverbands Bündnis 90/Die Grünen Leipzig und von pangea netzwerk e.V. stattfinden können. Die finanzielle Förderung erlaubte es allen Mitreisenden, unabhängig von ihrer ökonomischen Lebenssituation, teilzunehmen. Zudem danken wir dem Ring Politischer Jugend Sachsen e.V. für die Finanzierung der Vor- und Nachbereitungstreffen. Des Weiteren bedanken wir uns bei allen weiteren Personen, die uns bei der Reise unterstützt haben. 

Die Reisegruppe steht vor dem Taubenbrunnen im Zentrum Sarajevos. 

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