Sargpflicht aufheben für mehr Weltoffenheit – Bestattungskultur diskutieren

csm_20140516_Cornelia_Lueddemann_b8b82ea01eModernisierung des Bestattungsgesetzes: 

Statements der sozialpolitischen Sprecherin der Landtagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Cornelia Lüddemann, im Rahmen der Debatte über den bündnisgrünen Gesetzesentwurf zur Änderung des Leichen-, Bestattungs- und Friedhofswesen Sachsen-Anhalts:

„Das Bestattungsgesetz ist in die Jahre gekommen. Die Gesellschaft befindet sich im Wandel, Sachsen-Anhalt wird immer weltoffener und der Zuzug von Menschen mit anderem kulturellen Hintergrund macht unsere Welt auch am Lebensende vielfältiger. Der Respekt und die Anerkennung verschiedener Religionen gebietet es, die Gesetzgebung in dieser Hinsicht zu öffnen.“

„Das Bestattungsgesetz ist selbst nicht für die Ewigkeit bestimmt. Wir als grüne Landtagsfraktion machen mit unserem Gesetzentwurf zwei konkrete Vorschläge: die Abschaffung der Sargpflicht und die Ermöglichung Grabsteine aus Kinderarbeit zu verbieten.“

„Die Sargpflicht ist traditionell gewachsen und Teil unserer christlichen Tradition. Sie formulierte eine Selbstverständlichkeit von Moral- und Kulturverständnis der damaligen Zeit. Im Sachsen-Anhalt des 21. Jahrhundert ist sie nichts weniger als eine überholte Regelung, die andere Kulturen und Religionen ausschließt. Wir wollen die Möglichkeit für mehr Vielfalt geben. Wenn beispielsweise Muslime gemäß ihrer Religion in Tüchern bestattet werden wollen, dann sehe ich keinerlei Grund Ihnen das zu verwehren.“

„Unser zweites Anliegen anerkennt unsere globale Verantwortung. Entsprechend dem bündnisgrünen Grundsatz „Global denken –Lokal handeln“ wollen wir es ermöglichen, Grabsteine aus ausbeuterischer Kinderarbeit zu verbieten. Nach Einschätzungen der Organisation ‚Xertifix‘ stammen zwischen 30 und 60 Prozent der Grabsteine in Deutschland aus ausbeuterischer Kinderarbeit – vorzugsweise aus Indien oder China. Das Verbot derart produzierter Grabsteine sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein!“

„Unsere dritte Forderung findet sich im Entschließungsantrag. Allein das Anstoßen einer Debatte über den so genannten Friedhofszwang ein hohes emotionales und öffentliches Interesse erregt. Genau diese breite öffentliche Debatte wollen wir.“

„Hier geht es um eine gesetzliche Öffnung. Es geht darum, dass Menschen und Angehörige ihrer Toten so gedenken können, wie sie selbst es für richtig und angemessen halten. Es geht darum, die Bandbreite der Möglichkeiten zu öffnen und auch ihr Vielfalt zu ermöglichen.“

„Jedoch geht es ausdrücklich nicht um die Abschaffung von Friedhöfen, wie es manche Berichterstattung erscheinen lässt. Es geht um die Frage, ob Urnen abseits von Friedhöfen und Friedwäldern aufbewahrt werden dürfen. Und dabei ist wiederum die Frage zentral, wie sehr Bestattung und Trauer privatisiert werden sollten. Denn das wäre eine Abkehr von unserer bisher ausschließlich öffentlichen Trauerkultur auf Friedhöfen.“

 

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