„Mögliche Wende im Todesfall des Asylbewerbers Oury Jalloh bedarf juristischer und parlamentarischer Klärung“

Zu dem Antrag „Mögliche Wende im Todesfall des Asylbewerbers Oury Jalloh bedarf juristischer und parlamentarischer Klärung“, erklärt Cornelia Lüddemann, Vorsitzende der Landtagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen-Anhalt, in ihrer Rede:

„vorab: es gibt keine Forderung aus den Reihen der Koalition nach einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Es geht zunächst um Aktenvorlage.

Oury Jalloh starb in einem sachsen-anhaltischen Polizeirevier. Soviel ist sicher.

Ob er dort durch Hand von Dritten, durch einen Polizeibeamten des Landes starb, ist bis heute unklar. Über Jahre verfolgten Ermittler die These, er habe sich selbst angezündet. Auch dies erscheint weiter möglich.

Die Untersuchungen zum Todesfall lassen nach fast 13 Jahren keinen eindeutigen Schluss zu, was in Zelle Nummer 5 geschah.

Was wir sicher wissen: Ein Polizeibeamter des Landes wurde wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe verurteilt. Und einige Polizisten haben in den Jahren erfolgloser Ermittlungen gelogen und falsch ausgesagt. Die Einlassungen des Richters Steinhofs sind hier sehr nachdrücklich. Sie haben damit Aufklärung aktiv behindert.

Durch den Tod Oury Jallohs und die fehlende Aufklärung der Umstände dieses Todes hat das Land Sachsen-Anhalt Schuld auf sich geladen.

Wir GRÜNE erwarten eine Entschuldigung der Landesregierung bei der Familie von Oury Jalloh und seinen Freund*innen. Eine Entschädigung der Familie wäre ein Signal, dass ein solcher Tod nicht folgenlos bleibt. Insbesondere, da Sie Frau Keding als Ministerin mehr über Verfahrensfrage als über Inhalte geredet haben.

Dem Staat kommt mit der Ingewahrsamnahme von Menschen eine besondere Fürsorgepflicht zu, im Gewahrsam für deren gesundheitliches Wohlergehen zu sorgen. Dieser Pflicht ist der Staat im Fall von Oury Jalloh nicht nachgekommen.

Der Tod eines Menschen in staatlicher Obhut, insbesondere in Folge eines Brands, bedarf einer gründlichen Aufklärung.

Wir müssen nach 13 Jahren einsehen, dass die Instrumente der Strafprozessordnung im Fall des Todes von Oury Jalloh zu kurz gegriffen haben. Wo einige Polizeibeamte offensichtlich lügen und objektive Beweismittel fehlen, wird Aufklärung unmöglich.

Im Fall der inzwischen eingestellten Ermittlungen um den Tod von Oury Jalloh ist durch Angehörige das Rechtsmittel der Beschwerde eingelegt. Die Akten zum Todesfall Oury Jalloh liegen den Anwält*innen der Familie zur Begründung der Beschwerde vor. Wir erwarten, dass die zuständige Generalstaatsanwaltschaft diese Beschwerde eingehend und gewissenhaft prüft.

Sollten diese aus der Beschwerde neue Ansätze ergeben, sind die Ermittlungen weiterzuführen.

Wir müssen für Transparenz sorgen und jeglichen Eindruck entgegen wirken, es gäbe offene Fragen. Der Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung des Landtages wird sich erneut mit dem Fall Oury Jalloh zu befassen, um unter Berücksichtigung der im Antrag aufgezählten Akten, die notwendige Transparenz und politischen Schlussfolgerungen zu ziehen.

Klar ist aber auch: Es kann nicht um Nebenermittlungen gehen. Der Landtag kann kein Strafverfahren ersetzen und ist keine Superrevisionsinstanz. Eine Sachaufklärung obliegt weder dem Landtag noch dem Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung des Landtages.“

 

Der Antrag Drs. 7/2102 wird abgelehnt und der Alternativantrag Drs. 7/2135 beschlossen.
Im Link befindet sich ein Videomitschnitt der Rede.

 

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